Georg Rohlfing
Während seines Kunststudiums am arktischen Kreis, dem Master-Programm an der Tromsø Academy of Contemporary Art unter dem Titel „Art, Capitalism and Sustainability“ von 2012 bis 2014, hat sich der Berliner Künstler Georg Rohlfing vom klassisch künstlerischen Handwerk, der relevanten Form konzeptioneller Darstellung wie Fotografie, Malerei und Skulptur bis hin zur Theorie auseinandergesetzt. Prägend für sein Oeuvre war die Begegnung mit dem Schweizer Illustrator und Fotografen Walter Pfeiffer, Zürich von 2001-2014. Er inspirierte ihn in seiner künstlerischen Arbeit durch seinen Hang zu einer gewissen Gelassenheit, sowie seinen Blick („In love with Beauty“, Walter Pfeiffer, Steidl Verlag, 2008). Rohlfing arbeitete für Pfeiffer an verschiedensten Publikationen, u.a. „Night and Day“ von 2007, Fotoserien für Tétu, Art Forum, NZZ 2001-2008, sowie Arbeiten für „Zürich – Berlin“, Galerie Baumet Sultana, Paris, 2008.
Für das Masterprojekt an der Tromsø Academy of Contemporary Art am Nordnorsk Kunstmuseum 2014 hat Georg Rohlfing die noch anhaltenden Auswirkungen auf die Landschaft der Finnmark durch die Besetzung der Deutschen während des Zweiten Weltkriegs unter dem Titel „The Relationship of Art, Landscape and Power“ erforscht. Der Berliner Künstler betrachtet diese arktische Landschaft als einen verletzten Körper und stellt sie Berliner Schauplätzen gegenüber – eine interdisziplinäre Verbindung zwischen Kunst und Anthropologie, präsentiert in einer Ausstellung bestehend aus gefundenen Objekten, Fotoarbeiten und Aquarellen. Die Aquarell-Serie „Islands“ wurde im Oktober 2014 als Teil der ständigen Sammlung des Nordnorsk Kunstmuseums vom Museum erworben. Den einleitenden Text zu „The Relationship of Art, Landscape und Power“ schrieb die Kuratorin des Museums, Sandra Lorentzen.
Im Jahr 2014 wurde Rohlfing eingeladen an der Gruppenausstellung namens „Ung.Lovende – Young and Promising“ im „Punkt Ø – GalleriF15“ in Moss teilzunehmen. Die GalleriF15, Veranstaltungsort der nordischen Biennale „Momentum“, befindet sich in dem Landgut Alby an der Spitze der Halbinsel Jeløya, Moss wo der norwegische Künstler Edvard Munch von 1913 bis 1916 lebte, um sich von den Strapazen seines Berliner Künstlerlebens zu erholen. In Jeløya, Moss, zeigte Georg Rohlfing den Bronzeabguss eines 40 Jahre alten Bonsaibaums. Den Text zu dieser Arbeit schrieb die Direktorin der Tromsø Academy of Contemporary Art Helga-Marie Nordby mit folgenden Worten:
„Eine Totenmaske ist ein direkter Abdruck des Gesichts einer toten Person. Georg F. W. Rohlfings Skulptur „Jörg“ ist ein Bronzeabguss eines abgestorbenen Bonsaibaums. Der Guß entstand in der Bildgiesserei Hermann Noack Berlin. Der Bonsai war bereits 40 Jahre alt, als der Künstler ihn von seinem Partner geschenkt mit folgenden Worten geschenkt bekam: »Du musst dich gut um ihn kümmern und ihn wie deine eigene künstlerische Karriere pflegen.« Bonsai ist die Kunst, Miniaturbäume im Topf zu kultivieren, eine mehr als 2000 Jahre alte Kunstform, die in China entstand und sich nach Japan und weiter in die Welt ausbreitete. Ein Bonsai ist ein lebendiges Kunstwerk, das auf einer weitreichenden Philosophie basiert und sich auf Sorgfalt, Präzision, Disziplin, Details, Innovation und Management konzentriert. Bei richtiger und sorgfältiger Pflege kann ein Bonsai Jahrhunderte überdauern. Die ältesten Bonsais der Welt sollen über 4000 Jahre alt sein. Trotzdem fing Georgs Bonsai bald an, seine Blätter abzuwerfen. Er fand einen Experten, der ihm riet, sowohl Topf als auch Erde auszutauschen und gut zu düngen. Der Baum erholte sich schnell, aber als der Künstler nach einer mehrmonatigen Reise zurückkehrte, war er dieser tot. Vor dem Fotografieren war es nicht ungewöhnlich, Abdrücke der Gesichter verstorbener berühmter Persönlichkeiten anzufertigen. Der Zweck war meistens zweifach: Erstens war die Totenmaske eine sehr konkrete und persönliche Erinnerung, und zweitens konnte eine Totenmaske verwendet werden, um zukünftige Porträts des Verstorbenen anzufertigen. Während des Siebzehnten und Achtzehnten Jahrhunderts war es auch üblich, diese Masken zu verwenden, um Gesichtszüge von Leichen zur Identifizierung zu konservieren. Die Ägypter stellten bereits 2.400 v. Chr. Totenmasken im Rahmen ihrer Bestattungsriten und ihrer Suche nach einem ewigen gottähnlichen Leben für die Verstorbenen her. Die von Georg Rohlfing verwendete Methode und der Titel verewigen und verkörpern den Baum. Die Skulptur wird zum Symbol eines Ereignisses und zur Allegorie eines künstlerischen Kampfes – sie ist nie abgeschlossen, sondern in einem ewigen Prozess.“
In der präsentierten Arbeit „Vanitas“, aus der Serie „Opus Otto“, von Georg Rohlfing befasst sich der Berliner Künstler auf kritische Weise mit dem Ausdruck „der Mensch als Krone der Schöpfung“. „Vanitas“, 100x150cm, Acryl auf Leinen, in Naturholz gerahmt, bezieht sich auf die Resolution „Ende des Humanismus“, des britischen neoliberalen Philosophen John Nicholas Gray, welche durch sein Buch „Von Menschen und anderen Tieren“ Bekanntheit erlangte. In seiner Debatte definiert er Humanismus als religiöse Ideologie und nennt sie Aberglauben. Die Serie „Opus Otto“ entstand nach dem Tod eines Familienangehörigen. Sie umfasst großformatige sogenannte „surreale Landschaftsportraits“, sowie kleinformatige Portraits, allesamt Acryl auf Leinen. Die porträtierten Personen verschmelzen in poetische Seelenlandschaften, die Gedanken streifen, der Geist befindet sich in kokonartiger, meditativer Schwebe. Der Tod, auf dem zweiten Blick, ist allgegenwärtig – unsichtbar, sichtbar. Er löst auf, verbindet und trennt.“